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Ab dem spaten 8. Jahrhundert segelten Wikinger in die Irische See, und die Chroniken zeichnen uber Jahrzehnte ein eindeutiges Bild von ihnen als Heiden und Piraten. Dass sie auch auf die Isle of Man gelangten und sich dort ansiedelten, belegen reiche archaologische Zeugnisse. In Bezug auf Chronologie und Charakter der skandinavischen Anwesenheit auf Man fuhren aber in der Forschung zwei unterschiedliche Herangehensweisen zu zwei ebenso unterschiedlichen und unvereinbaren Ergebnissen. So sind zentrale Punkte nicht gesichert: Zum einen, wann der erste Kontakt und wann eine dauerhafte Ansiedlung stattgefunden haben; zum anderen, ob die Insel Opfer von Raubzugen und gewaltsam erobert und besetzt wurde oder ob man sich eher friedlich ansiedeln konnte, und wie in der Folge beide Gruppen mit- oder gegeneinander auf Man lebten. Diesen Fragen wird hier erstmals detailliert nachgegangen: Eine sorgfaltige quellenkritische Untersuchung der archaologischen, historischen, literarischen, kunsthistorischen und epigraphischen Zeugnisse stellt das verfugbare Quellenmaterial dar, hinterfragt traditionelle Paradigmen, diskutiert ihre Schlusse und formuliert eine neue These zur Rekonstruktion der fruhen Wikingerzeit auf der Isle of Man.
Die Frage nach einem moglichen Sprechen uber das Unaussprechliche stellt das Grundproblem der negativen Theologie dar. Eriugena nimmt zum einen als Ubersetzer der griechischen Schriften von Ps.-Dionysius Areopagita ins Lateinische, zum anderen durch sein Hauptwerk Periphyseon eine entscheidende Funktion fur die Entwicklung der negativen Theologie im Mittelalter ein. Die vorliegende Studie unterstreicht seine Bedeutung, Hellsichtigkeit und Innovation historisch und systematisch. Der Einfuhrungsteil widmet sich der Person Eriugenas und seinen Haupteinflussquellen, insbesondere Ps.-Dionysius Areopagita, dem karolingischen Bildungsgedanken und der Philosophie des Neuplatonismus. Anschlieend wird die Schrift Periphyseon und das darin grundgelegte System einer einzigen, aber vierfaltigen natura universalis beleuchtet. Im Zentrum der Studie stehen die Analyse, Interpretation und Neuubersetzung einer Textpassage, in der Eriugena eine Hypertheologie"e; entwickelt und nach einer Losung fur eben jenes sprachtheologische Problem sucht: Wie kann, soll, darf der Mensch uber etwas sprechen, das an sich unaussprechlich ist und selbst als Ausgesprochenes unaussprechlich bleiben muss?
Das Werk des Philologen Eduard Schwartz (1858-1940) hat die philologische, historische und theologische Erforschung der Antike und Spatantike besonders durch seine Editionen (wie die der Kirchengeschichte des Eusebius von Casarea oder der Acta Conciliorum Oecumenicorum) stark gepragt und schon zu Lebzeiten fur manche Kontroversen gesorgt. Sein Streit mit Adolf von Harnack uber eine antiochenische Synode von 324/5 oder seine Ruckfuhrung dogmengeschichtlicher Auseinandersetzungen auf "e;Machtpolitik"e; sind bis heute uber Fachkreise hinaus bekannt. Der Sammelband vereint die Beitrage einer Tagung, die von den Herausgebern zum 65. Geburtstag von Hanns Christof Brennecke an der Universitat Erlangen veranstaltet wurde, da sowohl die dort betriebene Edition der Schriften des Athanasius als auch die der Dokumente zum arianischen Streit auf Anregungen von Schwartz zuruckgehen. Die Referenten aus der Alten Geschichte, Philologie und Theologie werfen 75 Jahre nach dem Tod von Schwartz einen kritischen Blick auf sein Werk, das in den jeweiligen Disziplinen unterschiedlich weiterwirkt. Angehangt ist eine Transkription seines Briefwechsels mit Adolf Julicher und Friedrich Loofs.
Im vorliegenden Band werden erstmals die wichtigsten ikonographischen Quellen zur germanischen Mythologie und Heldensage auf aktuellem Forschungsstand vorgestellt und diskutiert. Schwerpunkte liegen auf den Moglichkeiten der Interpretation sowie neuen technischen Verfahrung zur Autopsie und Bilddokumentation. Raumlich werden dabei insbesondere Skandinavien, aber auch England und Deutschland einbezogen, der zeitliche Rahmen wird von der Romischen Kaiserzeit und der spaten Wikingerzeit markiert.Zu den hier behandelten Denkmalern gehoren kaiserzeitliche Bilddarstellungen wie die Zierscheiben von Torsberg, die volkerwanderungszeitlichen Goldhalskragen und Goldhorner von Gallehus, die gotlandischen Bildsteine, vendelzeitliche Pressbleche und Goldfolien, das angelsachsische Bilder- und Runenkastchen von Auzon (Franks Casket) sowie wikingerzeitliche Runen- und Bildsteine.
Die logische Frage ist eine der zentralsten, wenn nicht gar die zentralste Fragestellung der Philosophie des 19. Jahrhunderts. In ihr kristallisiert sich das Selbstverstandnis der Philosophie, ihr Anspruch auf eine Deutungshoheit, ihre Stellung zu den anderen' Wissenschaften. In seiner subjektiven Logik formuliert Hegel den Anspruch das verknocherte Material"e; der klassischen Logik wieder in Bewegung zu bringen, um eine Neubestimmung der Logik und ihres Verhaltnisses zu den Einzelwissenschaften zu ermoglichen. Die vorliegende Arbeit sucht Hegels subjektive Logik in den Kontext der das 19. Jahrhundert pragenden Logikreformdiskussion zu stellen. Es soll dabei nicht darum gehen, das Schicksal der Philosophie an das Schicksal der Hegelschen Philosophie zu knupfen, wohl aber um die Moglichkeit, Hegelsche Argumente innerhalb der Philosophie als einer immer noch aktuellen Zeit- und Streitfrage am Leben zu erhalten. Die Erorterung der logischen Frage schliet deshalb mit einer Hegelschen Antwort ab, die einen Ausblick auf eine kritische Naturphilosophie eroffnen soll.
Die vorliegende Arbeit bietet ein tieferes Verständnis des Charakters des altwestnordischen Gottes Heimdallr und dessen Bedeutung in den mythologischen Überlieferungen. Die Notwendigkeit einer neuen Untersuchung zu diesem Gott wird dadurch bestätigt, dass er in der Sekundärliteratur noch immer als ?rätselhafter Gott? bezeichnet wird. Im Unterschied zu vielen der früheren Untersuchungen versucht diese Arbeit, den Gott primär aus der Gesellschaft zu analysieren, in der die Traditionen über ihn überliefert wurden, d. h. aus den Texten, aus der Gedankenwelt der Mythologie und aus dem geschichtlichen Kontext der Überlieferungen. In der Arbeit werden sämtliche Quellen (zentral sind Völuspá, Rígsþula, Hyndluljóð und Húsdrápa) kritisch diskutiert und im Licht eines aus dem empirischen Material ausgearbeiteten analytischen Modells untersucht. Cöllen zeigt, dass Heimdallr in vorchristlicher Zeit wahrscheinlich eine weniger disparate Figur darstellte, als häufig angenommen wird, und dass er in der mythologischen Überlieferung eine wichtige strukturelle Funktion hatte, die unter anderem Vorstellungen von Ordnung und Abstammung reflektierte.
Was versteht Kant unter Gluckseligkeit, und welchen Platz raumt er ihr in seiner Moralphilosophie ein? Bei ihm ist das Verhaltnis von Gluck und Moral zwiespaltig und spannungsreich: Zwar sei das Streben nach Gluck kein Prinzip moralischen Handelns, Gluckseligkeit bleibt aber fortwahrend der Bezugspunkt der normativen Ausgestaltung menschlichen Handelns.Das Ziel der Arbeit ist es, die inhaltliche Vermittlung von Moral und Gluckseligkeit im Gesamtsystem der praktischen Philosophie Kants strukturell zu beschreiben. Unter Berucksichtigung von Kants umfassender Theorie vernunftigen Handelns wird die Einheit praktischer Subjektivitat herausgearbeitet. Statt in je eine sinnlich-hedonische und eine rational-ethische Dimension auseinanderzufallen, tritt in Kants Auffasung vom praktischen Selbst eine integrierte Sicht auf die komplexe Verfasstheit endlicher Vernunftwesen zutage.Im Ruckgriff auf Kants Lehre vom hochsten Gut wird die integrierende Funktion fur das intrasubjektiv wie intersubjektiv orientierte praktische Selbst hervorgehoben. Die Grenze einer endlich-vernunftigen Subjektivitat wird dabei aufgezeigt, die das Ziel einer durchgangig gelungenden Lebensfuhrung (allgemeine Gluckseligkeit"e;) nicht zu erreichen vermag.
Die evangelische Kirche will im Jahr 2017 an die 95 Thesen Luthers und die Reformation erinnern. Vor 500 Jahren hat sie die Welt verandert. Ob die Kirche im 21. Jahrhundert noch Einfluss auf die Gesellschaft hat, steht auf dem Prufstand. Sie muss ihr Anliegen immer wieder bekannt machen. Doch der Erfolg von Marketing fur die Kirche ist umstritten. Gangige PR-Strategien, die bislang erfolglos fur die Publikation des Jubilaums benutzt werden, basieren auf einem Ubertragungsmodell von Sender, Empfanger und Botschaft, das die Unwahrscheinlichkeit von Kommunikation nicht erfassen kann. Die Untersuchung zeigt einen neuen Weg, um fur Kommunikationsobjekte moglichst viele Anschlusse zu finden. Dafur ist es notig, Grenzen empirischer Kommunikations- und Medienwissenschaft genauso in den Blick zu nehmen wie konstruktivistische Versuche, Kommunikation und Medienwirkungen zu verstehen. Die Perspektiven munden in einer systemtheoretischen Auffassung von einem Kalkul der Form von Kommunikation. Das Kalkul bietet eine Hilfe fur die, die in der Praxis Kommunikation systematisch so ausrichten wollen, dass Anschlussmoglichkeiten fur vorubergehende Lagen gesteigert und Unwahrscheinlichkeiten sichtbar werden konnen.
The new series of Ideen&Argumente subscribes to the ideal of a pluralist and open culture of argument and debate and presents well-produced volumes on topics and questions which make substantive or methodologically important contributions to contemporary philosophy. The publications are designed to effect a productive synergy between the Anglo-Saxon and Continental European philosophical traditions. Ideen&Argumente provides a platform for outstanding systematically oriented original editions and German first editions from all areas of Theoretical and Practical Philosophy. A welcome is extended to programmatic monographs from whatever philosophical direction. The aim is to highlight anew the thematic and methodological richness of contemporary philosophy.
Wahrend in den experimentellen Wissenschaften fast ausschlielich von statistischer Wahrscheinlichkeit die Rede ist, verstehen in der Philosophie einflussreiche Bayesianer Wahrscheinlichkeit durchweg im subjektiven Sinn rationaler Glaubensgrade, wogegen die dritte Gruppe der mathematischen Wahrscheinlichkeitstheoretiker diesen Interpretationskonflikt ignoriert. In diesem Buch wird die Auffassung vertreten, dass man beide Wahrscheinlichkeitsbegriffe benotigt, weshalb ein dualistischer Ansatz entwickelt wird, dem es darum geht, Bruckenprinzipien zwischen beiden Wahrscheinlichkeitsbegriffen herauszuarbeiten. In Anlehnung an einen bekannten Passus von Kant lasst sich die dualistische Position so formulieren: Subjektive ohne statistische Wahrscheinlichkeitstheorie ist blind, statistische ohne subjektive Wahrscheinlichkeitstheorie ist leer. Die dualistische Position bedeutet jedoch nicht, dass alles, was in beiden Positionen behauptet wurde, ubernommen werden kann; dies wurde zu Widerspruchen fuhren. In beiden Positionen mussen gewisse Anteile fallen gelassen werden, um zu einer koharenten dualistischen Wahrscheinlichkeitstheorie zu gelangen.
Der Entwurf Ubergang 1-14"e; steht systematisch im Mittelpunkt des Opus postumum. Kants Gedanken zur neuen philosophischen Grundlegung der gesamten Naturlehre als einer wirklichen Wissenschaft der Natur werden hier in einen transzendentalphilosophischen Rahmen eingebettet und erhalten, im Unterschied zu vorangegangenen Entwurfen, eine systematische Form. Mit Apperzeption und dynamisches Naturgesetz in Kants Opus postumum liegt erstmals ein Kommentar zu Ubergang 1-14"e; vor. Die Ergebnisse der kommentierenden Darstellung werden im Ruckbezug auf Kants Publikationen- vor allem die Kritik der reinen Vernunft- interpretiert und die Kontinuitat kantischen Denkens, aber auch die Bruche aufgezeigt. Gefragt wird u.a. nach demVerhaltnis der transzendentalen Beweise der Existenz einer raumerfullenden Materie als Garant einer Einheit der Erfahrung in Zeit und Raum in Ubergang 1-14"e; zu Kants Theorie der Substanz in der Ersten Analogie der Erfahrung der KrV. Kants Auseinandersetzung mit dem Problem der organisierten Materie und einem neuen Ansatz, die belebte Natur in eine Systemform a priori aufzunehmen, spielen ebenfalls eine zentrale Rolle in der Interpretation.
The Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum (CSEL) is an academic series that publishes critical editions of Latin works by late-antique Christian authors from the time of the late 2nd century until the beginning of the 7th century. The editions are prepared in cooperation with internationally renowned experts according to modern editorial techniques and are meant to serve as textual basis for scholarly disciplines dealing with Late Antiquity. The volumes are published by the scientific institution "e;CSEL"e;, which was founded in 1864 by the Austrian Academy of Sciences in Vienna and which is part of the University of Salzburg since 2012. In addition, monographs on topics related to the Latin patristic period and conference proceedings are published at irregular intervals (Extra Seriem). Arbeitsgruppe CSEL an der Universitat Salzburghttp://csel.sbg.ac.at/ International Advisory Board:Francois Dolbeau, Roger Green, Rainer Jakobi, Robert Kaster, Ernst A. Schmidt, Danuta Shanzer, Kurt Smolak, Francesco Stella, Michael Winterbottom
Two unprecedented, striking developments form part of the reality of many Latin Americans. Recent decades have seen the dramatic rise of a new religious pluralism, namely the spread of Pentecostal Christianity - Catholic and Protestant alike - and the growth of indigenous revitalization movements. This study analyzes these major transitions, asking what roles ethnicity and ethnic identities play in the contemporary process of religious pluralism, such as the growth of the Protestant Pentecostal and neo-Pentecostal movements, the Catholic Charismatic Renewal, and the indigenous Maya movement in Guatemala. This book aims to provide an understanding of the agenda of religious movements, their motivations, and their impact on society. Such a pursuit is urgently needed in Guatemala, a postwar country experiencing acrimonious religious competition and a highly contentious debate on religious pluralism. This volume is relevant to scholars and students of Latin American Studies, Sociology of Religion, Anthropology, Practical Theology, and Political Sciences.
Der vorliegende Band versammelt zentrale Positionen der international gefuhrten und hoch aktuellen Debatte um Klimagerechtigkeit. Veranderungen des Weltklimas haben zu einer grundlegenden Diskussion uber Fragen der Klimagerechtigkeit in der Philosophie gefuhrt. Strittig ist nicht nur die Frage, welche Verteilungsprinzipien mit Rucksicht auf Emissionsbundel fair sind; vielmehr wird auch diskutiert, welche Prinzipien konstruktiv zu einer neuen politischen Agenda beitragen konnen und welche Kooperationsoptionen angesichts einer globalen Krise empfohlen oder sogar gefordert werden konnen. Erganzend zu der Debatte um Klimagerechtigkeit wird im ersten Teil auch erortert, welche moralischen und rechtlichen Herausforderungen durch die Kontraste zwischen Arm und Reich und angesichts sog. Klima-Fluchtlinge"e; entstehen. Im zweiten Teil des Buches wird in die Debatte um das Klima-Engineering eingefuhrt. Fachvertreter aus den Klimawissenschaften und aus der Ethik formulieren teils skeptische, teils positive Kritiken der mit dieser technologischen Zukunftsvorstellung verbundenen Erwartungen und Vorbehalte.
Die neue Reihe Ideen&Argumente ist dem Ideal einer pluralistischen und offenen Argumentationskultur verpflichtet und prasentiert in solider Ausstattung Themen und Fragestellungen, die inhaltlich oder methodisch wichtige Beitrage zur zeitgenossischen Philosophie leisten. Die Publikationen sollen die Vorzuge angelsachsischer und kontinentaler Philosophietraditionen in ein produktives Zusammenspiel bringen. Herausragende, systematisch ausgerichtete Originalausgaben und deutsche Erstausgaben aus allen Teilgebieten der Theoretischen und Praktischen Philosophie finden in Ideen&Argumente ihren Platz. Willkommen sind programmatische Monographien jeglicher philosophischer Provenienz. Es gilt, die zeitgenossische Philosophie in ihrer thematischen und methodischen Vielfalt neu zur Geltung zu bringen.
Politische Akteure rekurrieren zur Rechtfertigung ihres Handelns wieder verstarkt auf die Idee des allgemeinen Wohls. Kann die politische Philosophie eine Bestimmung des Gemeinwohls anbieten, anhand derer sich gerechtfertigte von ungerechtfertigten Gemeinwohlrekursen unterscheiden lassen? Das Paradigma des Prozeduralismus besagt, dass das Gemeinwohl allein uber die Angabe formaler Verfahrenskriterien als Output eines wohlgeordneten demokratischen Systems definiert werden kann. Der Autor weist dieses Paradigma zuruck und optiert fur eine integrative Gemeinwohltheorie. Diese besteht aus zwei Komponenten. Erstere besagt, dass die Mitglieder eines Gemeinwesens durch demokratische Verfahren, die der Umsetzung ihrer subjektiven Interessen dienen, selbst festlegen konnen, worin das Gemeinwohl besteht - es sei denn, sie verstoen damit gegen objektive und prozedurtranszendente Mindeststandards. Die zweite Komponente besteht aus einem Katalog dieser Standards, die festlegen, welche Outputs entgegen dem Fur-Gut-Halten der Mitglieder gemeinwohlschadlich oder -irrelevant sind. Somit ergibt sich die Gemeinwohldienlichkeit einer Handlung daraus, dass diese demokratisch autorisiert ist und objektiv-prozedurtranszendente Mindeststandards nicht verletzt.
Nicht wenige Autoren in der politischen Ideengeschichte sind der Uberzeugung, dass die Grundpfeiler des modernen Rechts- und Verfassungsdenkens nicht als das Erbe oder die kontinuierliche Weiterentwicklung der aristotelischen Tradition zu betrachten sind, sondern als Neuerungen, die sich gerade dem radikalen Bruch mit ihr verdanken. Die entscheidende Demarkationslinie zwischen antikem und modernem politischem Denken verlaufe dabei entlang der Idee der naturlichen Rechte des Individuums: Erst die politische Philosophie der Neuzeit und die auf ihr fuende Verfassungswirklichkeit verhelfe dem Menschen zu seinen ihm angeborenen und unverauerlichen Rechten. Die vorliegende Interpretation der aristotelischen Politik zeigt, dass das Kernanliegen der politischen Moderne, die Begrundung und Durchsetzung der naturlichen Rechte des Individuums, jedoch als die Fortschreibung und Ausformulierung eines Grundgedankens von Aristoteles' politischer Philosophie begriffen werden sollte, nicht als radikaler Bruch mit ihr.
Seit dem 16. Jahrhundert wurde die alteste Schicht der hagiographischen Literatur primar als acta martyrum sincera und damit als Quelle zur Geschichte der christlichen Kirche in den Verfolgungen gelesen und nach ihrer Historizitat beurteilt. Dass sie aber ein eigenes Gebiet der altchristlichen Literatur ausmacht, wurde vernachlassigt. Sie halt fur die Gemeinden die Erinnerung an herausragende Gestalten fest, die sich bei staatlichen Repressionen gegen Christen in vor- und nachkonstantinischer Zeit oder auf andere Weise bewahrt hatten. Dabei ist von Anfang an ein deutlicher literarischer Gestaltungswille bemerkbar, der sich in unterschiedlichen Formgebungsprozessen kundtut. Das findet seinen Ausdruck mitunter darin, dass sich innerhalb kurzester Zeit unterschiedliche Textfassungen nebeneinander prasentieren oder die Texte in verschiedenen Rezensionen fortgeschrieben werden. Die Funktion als Memorial- und Erbauungsliteratur eroffnet unter einer transdisziplinaren kulturwissenschaftlichen Perspektive zum einen Zugange zur Entwicklung der Hagiographie und zum anderen zu einer lokal und zeitlich differenzierten Darstellung christlicher Gemeinden der romischen Kaiserzeit und der Spatantike sowie ihrer Sozial- und Frommigkeitsgeschichte.
Schlagartig beruhmt geworden ist Jean-Jacques Rousseau (1712-1778) mit seinem Diskurs uber die Wissenschaften und Kunste (1750), in dem er das Grundubel der modernen Zivilisation damit begrundet, dass sich der Mensch immer mehr von der Natur entfernt. Zwar propagiert er kein Zuruck zur Natur"e;, wie ihm haufig nachgesagt wird, wohl aber einen Zustand auf mittlerem zivilisatorischem Niveau. Dabei geht es ihm nicht nur um das Verhaltnis des Menschen zu seiner naturlichen Umwelt, sondern vor allem auch um die Entfremdung von der eigenen Natur. Im zweiten Diskurs uber den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen (1755) versucht Rousseau, seine Behauptung mit Hilfe einer geschichtsphilosophischen Darstellung zu vertiefen. Hier macht er nicht nur die wissenschaftlich-technischen Fortschritte fur den Sittenverfall verantwortlich. Die tiefere Ursache dafur sieht er vielmehr in der Entstehung des Privateigentums und der daraus resultierenden Pervertierung des Menschen. Im Gegensatz zur vorherrschenden Geschichtsphilosophie seiner Zeit deutet Rousseau den Fortschritt in einen Verfallsprozess um. Das Beispiel dieses Autors zeigt, dass bereits wahrend der Epoche der Aufklarung die kritische Reflexion uber die Moderne beginnt. Der Band erschliet Rousseaus Diskurse zur Zivilisationskritik auf aktuellem Forschungsstand fur Studierende, Forscher und ein breites akademisches Publikum.
Emigration bedeutet eine tiefgreifende lebensgeschichtliche Zasur. Der erzwungene Verlust von Heimat und vertrauter Kultur, von Sprache und sozialen Vernetzungen als Folge der nationalsozialistischen "e;Judenpolitik"e; wirkte sich in einem weit starkeren Ausma auf die Lebenslaufe der Betroffenen aus, als es bislang wahrgenommen wurde. Seit vielen Jahren sammelt das Stadtarchiv Munchen Erinnerungen von ehemaligen Munchnerinnen und Munchnern. Diese ganz personlichen Zeugnisse ermoglichen einen aufschlussreichen Blick auf die Befindlichkeiten einer weitgehend vergessenen Opfergruppe der NS-Zeit. Sie verweisen freilich nicht nur auf die mit der Entwurzelung verbundenen Traumatisierungen und psychischen Belastungen, sondern auch auf eindrucksvollen Mut, auf Willenskraft und Integrationsbereitschaft, um in einer fremden Umwelt zu bestehen und diese zur neuen Heimat zu machen. Gedruckt mit freundlicher Unterstutzung der Cahnman Foundation, New York.
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