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Anna-Christin Ransiek untersucht die Wirkweisen von Rassismus in Deutschland. Sie zeigt auf, wie Rassismus in Deutschland biographisch und gesellschaftlich bearbeitet und interaktiv ausgehandelt wird. Dazu werden vier Typen des biographischen Umgangs mit Rassismus vorgestellt: das selbstgewählte Auffallen, die Distanzierung, die Aufrechterhaltung von Autonomie und die Interventionen. Ihre Studie macht zudem die gegenwärtige gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Rassismus vor dem Hintergrund von Kolonialismus und Nationalsozialismus sichtbar. Es werden zwei wirkmächtige Diskursstränge präsentiert, vor denen die Biographen und Biographinnen ihre Erfahrungen aufschichten: Rassismus als Randphänomen und Rassismus als gesamtgesellschaftliches Phänomen. Außerdem wird ein Zugang vorgeschlagen, um die Forscherinnen- und Forscherperspektive machtkritisch zu beleuchten.
Lutz Peschke liefert einen Beitrag zum Verständnis, wie Wissensaneignung durch Infografiken bei Rezipienten in der Freizeit motiviert wird und stattfindet. Für die Untersuchungen hat der Autor ein Medien-Aneignungsmodell unter Berücksichtigung der freiwillig motivierten Relevanz entwickelt und auf den Prozess der Wissensaneignung mittels Infografiken angewendet. Zusätzlich wurden das katalytische Potential und sein Einfluss auf die Wissensaneignung untersucht. Infografiken sind eine eigenständige und zeittypische Präsentationsform, die durch die Mediatisierung kommunikativen und sozialen Handelns, vor allem durch die Durchdringung kommunikativer Handlungen mit mobilen Endgeräten für die Informations- und Wissensaneignung, eine stark zunehmende Bedeutung erlangt haben. Sie sind hinsichtlich ihrer semiotischen Eigenschaften zwischen dem Bild und Verbaltext verortet.
Die Auswirkungen der gegenwärtigen Krise in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen wie Regierungspolitik, Arbeitsmarkt, Wohlfahrt, Familien- und Beziehungsstrukturen sind Thema des vorliegenden Sammelbandes der Herausgeberinnen Annette Schad-Seifert und Nora Kottmann. Die sozialwissenschaftlichen Studien informieren umfassend zu gesellschaftspolitischen Debatten und bieten empirische Analysen zu Reproduktion, (Liebes-)Beziehungen und Pflege, Work-Life-Balance, Migration, Jugendkriminalität sowie Ernährung und Nachhaltigkeit. Zusammenfassend wird so die Vielschichtigkeit der Krise(nphänomene) aufgezeigt und weiterer Handlungsbedarf in aller Dringlichkeit offengelegt. Darüber hinaus wird aber auch auf die Chancen zivilgesellschaftlicher Bewältigungsstrategien verwiesen.
Das essential liefert eine fundierte Darstellung und Analyse des sogenannten ¿Zwei-Prozent-Ziels¿ der NATO (2 % vom BIP für Verteidigung) und seiner Auswirkungen auf die Finanzierung der Bundeswehr. Es skizziert Entstehung und methodische Schwächen der Messgröße, die 2002 erstmals verabredet und 2014 bekräftigt wurde. Die Zielgröße ist ohne rechtliche Bindungswirkung. Viele NATO-Partner erfüllen sie nicht, darunter Deutschland, das mit rund 1,25 % weit entfernt liegt. Weil rein inputorientiert und nicht plausibel ist das Kriterium eigentlich unbrauchbar. Dennoch beeinflusste es in der letzten Zeit die innenpolitische Debatte in Deutschland.
Was konstituiert universitäre Praxis in ihrem alltäglichen praktischen Tun - sei es im Rahmen ,primärer Interaktionsformate' (wie etwa Seminare oder Vorlesungen) oder in anderen institutionalisierten Kontexten (wie z.B. Beratungsgespräche oder Sprechstunden)? Die Beiträge dieses Bandes gehen dieser Frage nach, indem sie die je lokalen Handlungslogiken von Praktiken rekonstruieren, in denen universitäre Ausbildung stattfindet. Sie untersuchen u.a. die spezifische Kultur universitärer Seminarkommunikation, Praktiken der Gruppenarbeit im Fallseminar, die Interaktionsspezifik universitärer Sprechstunden und mündlicher Prüfungen sowie studentische Praktiken der Prüfungsvorbereitung.
Erna Dosch untersucht aus der Genderperspektive anhand von 30 biografisch-narrativen Interviews mit häuslich pflegenden (Ehe-)Partnern und Söhnen, wie diese in dem weiblich konnotierten Bereich der Pflege ihre Pflegearrangements gestalten. Hieraus resultiert eine Typologie der Arrangements von Pflegetätigkeiten, die auch die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf mit einbezieht. Die Autorin zeigt auf, welche Motive für die Männer handlungsleitend sind, welche biographischen Faktoren die Pflegeübernahme beeinflussen und die Pflegebereitschaft begünstigen können.
Len Ole Schäfer sorgt für Klarheit über die Effekte des sogenannten Research Assessment Exercise (RAE) und des Research Excellence Framework (REF) auf die wissenschaftliche Praxis, die als Instrumente zur Steigerung der Forschungsleistung in Großbritannien eingesetzt werden. Forschungsleistung, Ungleichheit, Diversität, akademische Freiheit, Forschung und Lehre, Rekrutierungspolitiken, Motivation und Macht sind dabei die zentralen Forschungsthemen. Es gelingt dem Autor, das RAE und REF und seine Effekte auf die Wissenschaft einer theoretischen, methodischen und empirisch aufschlussreichen soziologischen Untersuchung zu unterziehen, und er liefert hiermit einen Beitrag von höchster Relevanz für die Hochschulforschung.
Edith Hammer analysiert aus wissenssoziologischer Perspektive die Verbreitung des lebenslangen Lernens als bildungspolitisches Leitprinzip. Ausgehend von der Annahme, dass in einer mediatisierten Welt, nur mehr diejenigen das soziale Geschehen verstehen können, die auch die Medien verstehen, konzentriert sich die Studie auf eine Analyse von Medieninhalten. Basierend auf der Rekonstruktion thematischer Diskursstränge beschreibt die Autorin Medienframes, innerhalb derer sich die mediale Bedeutungskonstruktion vollzieht. Ergänzend dazu werden Steuerungsmechanismen rekonstruiert, die als Technologien zur Verbreitung des lebenslangen Lernens beitragen. Die abschließende Untersuchung zeigt, dass sich lebenslanges Lernen wesentlich entlang eines Kompensations- und Wettbewerbsprinzips diskursiv formiert.
Fabian Lieschke untersucht die im deutschen Mediendiskurs verwendete Sprache zur Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU). Seine Analyse beschäftigt sich mit kognitiven Angeboten, sogenannten Identitätsangeboten, die seit den 1970er Jahren in Ausschnitten des Diskurses zur EWWU unterbreitet werden. Überdies stellt der Autor die Frage, inwiefern Identitätsangebote zu Erklärungen für deutsches Regierungshandeln beitragen können. Ziel ist die Einbettung interpretativer Arbeit in deduktiv-nomologische Erklärungsmodelle, d.h. die Zusammenführung von postmodernen und modernen Ansätzen in der europäischen Integrationsforschung.
War die Ehescheidung noch vor wenigen Jahrzehnten gesellschaftlich stark stigmatisiert und eher eine Ausnahmeerscheinung, gehört sie inzwischen für einen Großteil der einmal Verheirateten zur Normalbiografie. Erheblich gewandelt haben sich im 20. Jahrhundert auch die Vorstellungen davon, was eine Ehe normativ zu sein hat - und damit die als legitim erachteten und vor Gericht akzeptierten Gründe, sie aufzulösen. Thomas Mazzurana leistet einen Beitrag zu einer Soziologie der Ehescheidung, indem er in einer wissenssoziologischen Perspektive die subjektiven Begründungen und Bewertungen der Scheidung in mehreren institutionellen Feldern untersucht. Er macht in den Diskursen der Akteure die Rechtfertigungsmuster und damit die sozialen Repräsentationen von Ehe und ihrer institutionellen Auflösung in der Spätmoderne sichtbar.
Oliver Lieber untersucht den Konflikt zwischen der Hafenwirtschaft und der Stadtentwicklung in Hamburg. Er zeigt detailliert, dass Schwierigkeiten einer urbanen Nutzung an der Schnittstelle von Hafen und Stadt in der öffentlichen Debatte unterschätzt werden und dass der Konflikt mit Nutzeneinbußen für alle Seiten verbunden ist. Der Autor erläutert den komplexen rechtlichen Rahmen der Hafenplanung in Hamburg und diskutiert städtische Investitionen in den Hafen. Darüber hinaus untersucht er die Rahmenbedingungen im Hinblick auf das Bundesimmissionsschutzgesetz und zum Störfallschutz sowie ihre Auswirkungen. Die detaillierte empirische Untersuchung des Konflikts zeigt, dass dieser sich seit 2000 deutlich verschärft hat, wozu insbesondere konkrete Anlässe zur Stadtentwicklung, bspw. die Olympiabewerbungen, beigetragen haben.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit erfolgt vor dem Hintergrund der Feld- und Kapitaltheorie Bourdieus eine theoretisch informierte und empirisch kontrollierte Vermessung der Juniorprofessorenschaft. Dabei präsentiert Lena M. Zimmer u. a. belastbare Erkenntnisse zu ihrem beruflichen Verbleib und ihrer soziodemografischen Zusammensetzung. Im Vordergrund der empirischen Arbeit steht jedoch vor allem die Identifikation von Erfolgsfaktoren bei der Berufung der Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren auf eine Lebenszeitprofessur. Neben dem Einfluss wissenschaftlichen Kapitals, wie Publikationen, überprüft die Autorin u. a. auch Effekte ausgehend vom Geschlecht und der sozialen Herkunft.
Bernhard Riederer untersucht Auswirkungen der Elternschaft auf Glück und Zufriedenheit. Er zeigt, dass das individuelle und gesellschaftliche Umfeld beeinflussen, welche Konsequenzen Kinder für das Wohlbefinden der Eltern haben. In Einklang mit geringen Geburtenraten, Problemen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder der ,Regretting Motherhood'-Debatte erläutert die Glücksforschung, dass sich Kinder in westlichen Gesellschaften tendenziell negativ auf ihre Eltern auswirken. Die empirische Analyse von Daten 30 europäischer Staaten verdeutlicht jedoch, dass es zu positiven wie negativen Effekten kommt. Faktoren auf Individual-, Paar- und Gesellschaftsebene beeinflussen den Zusammenhang zwischen Kindern und Wohlbefinden systematisch. Dazu zählen in erster Linie Lebensabschnitt, Partnerschaftsstatus, Prozesse zwischen den Partnern, Kinderbetreuung und gesellschaftlich dominante Wertvorstellungen.Der AutorDr. Bernhard Riederer ist Sozialwissenschaftler und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Wittgenstein Centre (IIASA, VID/ÖAW, WU), Vienna Institute of Demography/Österreichische Akademie der Wissenschaften.
Vor dem Hintergrund der dynamischen Veränderungen des Europäischen Integrationsprozess der letzten Jahre, beschäftigt sich Alena Kerscher mit der grundlegenden Frage: Wie gestaltet sich der Handlungsraum christdemokratischer Parteien in Westeuropa zum Thema Europäische Integration? Mit Hilfe eines quantitativ-vergleichenden Forschungsdesigns liefert sie einerseits Aufschluss über die Konstitution der Parteienfamilie selbst und andererseits über die Bedingungen der Positionierung zu europäischen Themen. Strategische Abwägungen der Parteien führen je nach individueller Wettbewerbssituation, vor allem hinsichtlich populistischer Herausforderer, zu einem dynamischen Wettbewerbsraum der Christdemokraten.
Im vorliegenden Sammelband werden Formen und Merkmale der politischen Führung in drei unterschiedlichen Regionen analysiert. Der erste Teil bringt konzeptuelle Überlegungen zusammen, die die nationale sowie transnationale Ebene betrachten. Im zweiten Teil rückt Iberoamerika jenseits des Populismus in den Mittelpunkt. Im dritten Teil wird am Beispiel der Bundesrepublik Deutschland die politische Führung im Parlamentarismus und Föderalismus thematisiert. An den Beispielen Singapur, Indien und Russland eröffnet sich im vierten Teil die Diskussion über Demokratie- und Regierungsformen, die im Gegensatz zu westlichen Weltanschauungen stehen.
Arnd Kierchhoff analysiert die kommunale Steuerung des Übergangsbereiches zwischen allgemeinbildender Schule und Berufsausbildung. Hierfür verbindet er die analytische Perspektive der Educational Governance und eine postmodern-sozialkonstruktivistisch ausgelegte Grounded Theory in einem neuartigen Forschungskonzept. Der methodologische Mehrwert der Studie liegt insbesondere in der entworfenen Trias aus einer theoriegeleiteten Forschung zur Bildungssteuerung, einer methodischen Konkretisierung der Clarke'schen Situationsanalyse sowie einem Forschungskonzept, welches auf latente Steuerungsmodi und -diskurse abzielt. Der praxeologische Mehrwert liegt in der erstmaligen Eruierung einer kommunalen Steuerung dieses Übergangsbereiches, welche sich im Geflecht aus legislativen Rahmungen und lokalen Prämissen und Notwendigkeiten emergiert.¿
Eine interdisziplinäre Verständigung über Kultur ist fällig und notwendig, um dem gegenwärtig weit verbreiteten Eindruck entgegenzuwirken, "Kultur" habe sich als semantisches Irrlicht und als obsolet gewordener Gegenstand von Forschung erwiesen, weil der Begriff unüberschaubare wie unvereinbare Bedeutungsmomente bündele und aus einem bloßen Gespinst von Mehrdeutigkeiten bestehe. Demgegenüber wird in diesem Buch die Überzeugung vertreten, dass es gewinnbringend ist, die spezifischen Kompetenzen aus der Kultursoziologie und Populärkulturforschung, aus der Theorie des Kulturmanagements und der Medienkultur sowie aus der Kulturphilosophie zusammenzubringen, um zu zeigen, dass es trotz und gleichsam unterhalb der notorischen Vieldeutigkeit des Wortes "Kultur" einen gemeinsamen Sachzusammenhang namens Kultur gibt, von dem die einzelnen Fachdisziplinen jeweils bestimmte Faktoren in den Blick nehmen und kraft ihrer eigenen Methoden erhellen. Damit leistet der Band einen wichtigen Beitrag, um den vielschichtigen und komplexen Terminus "Kultur" als sozial- und kulturwissenschaftlichen Schlüsselbegriff wiederzugewinnen.
Dieses Buch zeigt, dass die Europäische Kommission trotz großer Integrationsskepsis und mitgliedstaatlicher Kontrollbedenken die wirtschaftspolitische Steuerung während der Eurokrise beeinflusste. Eine vergleichende Analyse der relevanten Politikfelder legt die Bedingungen und das Ausmaß dieser Einflussnahme offen. Dabei stellt sich heraus, dass die Kommission weitaus kleinteiliger agiert, als es der Mythos des "Motors der Integration" nahelegt; gleichwohl prägt sie auch weiterhin die europäische Politik.
Martina Lizarazo López beleuchtet den Wandel von der traditionellen zur modernen Demographiepolitik in Frankreich zwischen dem Ende des Baby-Booms und dem erneuten Geburtenanstieg ab der Mitte der 1990er Jahre, als wesentliche demographische, sozio-ökonomische, gesellschaftliche und rechtliche Transformationsprozesse eine Anpassung der traditionellen demographiepolitischen Strategien erforderten. Sie stellt dar, dass das demographiepolitische Selbstverständnis in Frankreich, die Bevölkerungsentwicklung durch entsprechende Maßnahmen in der Familien- und der Einwanderungspolitik aktiv zu beeinflussen, auf der grundlegenden Überzeugung beruht, dass die demographischen Prozesse kein unabwendbares Schicksal bedeuten und mittels geeigneter Maßnahmen korrigiert bzw. gestaltet werden können.
Stefan Hermanns skizziert eine Weimarer Republik im Ausnahmezustand und wählt als Ausgangspunkt den historischen Ort, mit dem Ziel, die bis heute verhärteten Fronten zu überbrücken und sich dem Thema positiv naiv zu nähern. Er zeigt, dass Carl Schmitts Artikel "Der Führer schützt das Recht" zum archimedischen Punkt in seinem Leben wurde. Hermanns beschreibt Schmitts steilen aber kurzen Werdegang innerhalb des nationalsozialistischen Systems und untersucht die Fragen, ob Schmitt in dieser Zeit neue Gedanken entwickelte, seine Lehre den Nationalsozialisten anpasste oder sich als Antisemit demaskierte. Zusätzlich hinterfragt er, welche Kritiken an Schmitt und seinem Engagement belegbar sind und welche lediglich über die Zeit reproduziert wurden.
Susanne Fleckinger beleuchtet das Verhältnis zwischen haupt- und ehrenamtlich Tätigen in Hospizarbeit und Palliative Care. Hierzu befragt sie die beteiligten Akteure und geht der Frage nach, welche Bedeutung dem Ehrenamt in den unterschiedlichen Versorgungsbereichen zukommt. Im Ergebnis wird deutlich, dass sich Haupt- und Ehrenamt zwar durchaus ergänzen, zugleich aber grundsätzlich unterschiedlichen Handlungslogiken folgen. Eine gelingende Zusammenarbeit scheint vor allem dann möglich, wenn diese zum Gegenstand der kontinuierlichen Aushandlung der Sorgepraxis in der konkreten Einrichtung gemacht wird. Dafür allerdings ist es notwendig, dass der Zusammenarbeit von Ehrenamt und Hauptamt mehr Raum im Rahmen der Aus- und Weiterbildung eingeräumt wird¿
Die gesellschaftliche Konstruktion der "Jugend am Rande der Stadt" wird in einem vielschichtigen Prozess hergestellt. In der vergleichenden Studie zu Deutschland und Frankreich untersucht die Autorin, wie unterschiedliche Akteurinnen und Akteure der Sozialen Arbeit, kommunalen Politik, Medien und auch Jugendliche selbst daran beteiligt sind. Am Beispiel von Köln und Lyon kommen die Spannungsfelder und Ambivalenzen in den Blick, in denen sie unter den Bedingungen städtischer Ungleichheit agieren und gleichzeitig Transformationsprozesse in Bewegung bringen. Die Autorin arbeitet einerseits räumliche Aneignungsprozesse und Strategien Jugendlicher gegen städtische Ausgrenzung und andererseits die Handlungsfelder und das Wissen der Akteurinnen und Akteure heraus.
Mit der vorliegenden Arbeit zeichnet der Autor die Geschichte des Kulturbundes erstmalig von 1945 bis 1990 quellenkritisch nach. Im Mittelpunkt stehen dabei die Fragestellungen, ob und wie zentrale Beschlüsse an der Basis umgesetzt und wie die Möglichkeitsräume des Kulturbundes durch Einzelne genutzt wurden. Der Kulturbund in der SBZ/DDR war eine kulturelle Massenorganisation, in der 1989 mehr als 280.000 Mitglieder in 1.800 Ortsgruppen versammelt waren. Während die offizielle Parteihierarchie im Kulturbund einen Transmissionsriemen ihrer Kulturpolitik sah, die den jeweils herrschenden innen- und außenpolitischen Wendemanövern angepasst wurde, war er für andere, vor allem für die Mitglieder, Interessenvertretung, Plattform für freien Meinungsaustausch, Gestaltungsspielraum, Stätte persönlicher und fachlicher Weiterbildung, Finanzierungsquelle, Hobbyvereinigung oder Intelligenzorganisation, empfundener Freiraum, aber auch Zwangsvereinigung und staatlicher Aufpasser.
André F. Nebe macht mithilfe seiner Humorstrukturanalyse Präferenzen von Zuschauern und entsprechende audiovisuelle Angebote in Filmen sichtbar. Komplexer und mehrschichtiger audiovisueller (hypotaktischer) Humor wird in den erfolgreicheren Filmen verwendet, während weniger erfolgreiche Filme einfache (parataktische) Humorofferten machen. Die Humorstrukturanalyse bietet Einblicke in erfolgversprechende Humorangebote und kann auch in der Stoffentwicklungsphase für Autoren, Regisseure, Produzenten und Dramaturgen genutzt werden.
Xiaokang Sun untersucht, wie chinesische Grundschullehrer den Unterricht gestalten, um Schülerpartizipation im Sinne von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) zu fördern. Die vorliegende Governance-Analyse fokussiert damit auf die Dynamik der Anpassungen der Einzelschulen und die Interaktionsstrukturen der lokalen Akteure vor dem Hintergrund der zunehmenden Gestaltungsspielräume für die Schulentwicklung im aktuellen chinesischen Schulsystem. Die Autorin belegt, wie innovativ das BNE-Konzept für die Weiterentwicklung traditioneller Formen von Handlungskoordination in einer dezentralisierten Systemsteuerung zwischen den verschiedenen Systemakteuren ist.
Fabian Beckmann untersucht mit Minijobs eine kontrovers debattierte Beschäftigungsform im deutschen Arbeitsmarkt- und Sozialmodell. Angesichts einer "Minijobdebatte ohne Minijobber" liegt der Fokus der Analyse auf der subjektiven Wahrnehmung und Beurteilung der Arbeitssituation von geringfügig Beschäftigten. Die empirischen Befunde zeichnen ein ambivalentes Bild: Zahlreichen erwerbsbezogenen objektiven Risiken von Minijobs stehen überwiegend positive subjektive Beurteilungen der Arbeitsqualität sowie eine hohe Arbeitszufriedenheit unter den Beschäftigten entgegen. Der Autor unterstreicht die Bedeutung subjektiver Analysezugänge und multidimensionaler Untersuchungsansätze für die sozialwissenschaftliche Arbeitsforschung.
Johannes Geng geht der Frage nach, inwiefern der Film als technologisches Leitmedium des 20. Jahrhunderts auf die geschichtliche Bedingtheit des Sehens und Hörens zu beziehen ist, indem er in einem ersten Schritt den zugehörigen film- und kulturtheoretischen Diskurs systematisch aufarbeitet. Darüber kommt er zu dem filmtheoretischen Modell eines Sensorischen Regimes, das er dann an zwei Fallstudien - dem NS-Propagandafilm und dem Direct Cinema - exemplifiziert. In unserem Wahrnehmen leiten uns kulturell geformte Gewohnheiten, Erwartungen und Einstellungen. Damit ist Wahrnehmung mehr als nur ein biologischer Mechanismus, sondern historisch variabel.
Großorganisationen sollen nicht als rationale Apparate verstanden werden, sondern als soziale Gebilde, in denen es zwar Hierarchien gibt, aber das bei Vorgesetzten wirklich verfügbare Machtpotential von einem erfolgreichen mikropolitischen Handeln abhängt. Wie kann ich meine Macht ausbauen, indem ich Koalitionen mit anderen eingehe, und wie sehr muss ich Hilfeleistungen zurückzahlen? Wie kann ich bewusst Unklarheit schaffen, um meine ganz persönlichen Ziele zu erreichen? Was fördert die organisationsinterne Anomie und was anarchische Tendenzen? Welche Dunkelfaktoren gibt es bei Beförderungen, zum Beispiel das "Wegloben"? Diese und weitere Fragen werden in der vorliegenden Textsammlung des Autors beantwortet.
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