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Beobachtungen über Oesterreichs Aufklärung und Litteratur

About Beobachtungen über Oesterreichs Aufklärung und Litteratur

In einem Staate, in dem von jeher Liebe zur Lektüre herrschte, in dem man von jeher die Schriften aller aufgeklärten Nationen las, um desto gieriger las, je mehr Schwierigkeiten die Neugierde der Leser reizten, in dessen aufgeklärterem Theile von jeher Grundsätze und Meinungen keimten, die jeder denkende Kopf wohl im Stillen hegen, aber nicht öffentlich ausbrechen lassen konnte, wo Wißbegierde dem starken Damm seit langer Zeit entgegen arbeitete, und dem Durchbrechen bereits nahe war; in so einem Staate mußte auf die Wegräumung der Hindernisse, und die Erweiterung der Preßfreyheit nothwendig eine Ueberschwemmung von Broschüren folgen. Auf welchen hohen Grad schon vor dieser Epoche die Schreibbegierde der Schriftsteller des Landes gestiegen war, bewiesen die zahllosen Leichengedichte, Reden, Träume u. s. w. auf den Tod der seligen Kaiserinn, und der nicht zu bändigende Eifer, mit welchem viele derselben der Verstorbenen noch ins zweyte Jahr hinein nachleyerten. Der Werth dieser Gedichte, so verschieden er war, und so zweydeutig er allemal bey blossen Gelegenheitsgedichten seyn muß, eröffnete dennoch der inländischen Dichtkunst eine nicht zu verachtende Aussicht. Die Schreiblust war nun einmal rege, und sie schien nur eine kurze Zeit, wie in einer kurzen Sturm prophezeihenden Windstille zu lavieren, als ihr der Ruf der erweiterten Preßfreyheit auf einmal in die Segel blies. Die kleine Schrift: über die Begräbnisse, die am ersten von dieser grösseren Freyheit Gebrauch machte, war der Vorläufer, und gleichsam das Zeichen zum Angriff, das hundert Federn in Bewegung setzte. Man schrieb itzt, von allem, und über alles, man nahm den nächsten besten Gegenstand her, goß eine bald längere, bald kürzere, bald gesalzene, bald ungesalzene Brühe darüber, und tischte ihn dem damals noch sehr heißhungrigem Publikum zur Mahlzeit auf. Nichts war von nun an vor der rüstigen Feder der Autoren sicher: für 10.

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  • Language:
  • German
  • ISBN:
  • 9791041949199
  • Binding:
  • Paperback
  • Pages:
  • 24
  • Published:
  • March 9, 2023
  • Dimensions:
  • 170x2x220 mm.
  • Weight:
  • 57 g.
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Description of Beobachtungen über Oesterreichs Aufklärung und Litteratur

In einem Staate, in dem von jeher Liebe zur Lektüre herrschte, in dem man von jeher die Schriften aller aufgeklärten Nationen las, um desto gieriger las, je mehr Schwierigkeiten die Neugierde der Leser reizten, in dessen aufgeklärterem Theile von jeher Grundsätze und Meinungen keimten, die jeder denkende Kopf wohl im Stillen hegen, aber nicht öffentlich ausbrechen lassen konnte, wo Wißbegierde dem starken Damm seit langer Zeit entgegen arbeitete, und dem Durchbrechen bereits nahe war; in so einem Staate mußte auf die Wegräumung der Hindernisse, und die Erweiterung der Preßfreyheit nothwendig eine Ueberschwemmung von Broschüren folgen.
Auf welchen hohen Grad schon vor dieser Epoche die Schreibbegierde der Schriftsteller des Landes gestiegen war, bewiesen die zahllosen Leichengedichte, Reden, Träume u. s. w. auf den Tod der seligen Kaiserinn, und der nicht zu bändigende Eifer, mit welchem viele derselben der Verstorbenen noch ins zweyte Jahr hinein nachleyerten. Der Werth dieser Gedichte, so verschieden er war, und so zweydeutig er allemal bey blossen Gelegenheitsgedichten seyn muß, eröffnete dennoch der inländischen Dichtkunst eine nicht zu verachtende Aussicht. Die Schreiblust war nun einmal rege, und sie schien nur eine kurze Zeit, wie in einer kurzen Sturm prophezeihenden Windstille zu lavieren, als ihr der Ruf der erweiterten Preßfreyheit auf einmal in die Segel blies. Die kleine Schrift: über die Begräbnisse, die am ersten von dieser grösseren Freyheit Gebrauch machte, war der Vorläufer, und gleichsam das Zeichen zum Angriff, das hundert Federn in Bewegung setzte. Man schrieb itzt, von allem, und über alles, man nahm den nächsten besten Gegenstand her, goß eine bald längere, bald kürzere, bald gesalzene, bald ungesalzene Brühe darüber, und tischte ihn dem damals noch sehr heißhungrigem Publikum zur Mahlzeit auf. Nichts war von nun an vor der rüstigen Feder der Autoren sicher: für 10.

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